Kinder im Netz

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Vor der Hauptuntersuchung war der Fragebogen zunächst auf seine Tauglichkeit zu überprüfen. Insbesondere weil es an entsprechenden Erfahrungen mit dieser Form der Befragung von Kindern fehlt, war eine Voruntersuchung unabdingbar. Allerdings bot sich ein klassischer Pretest unter denselben Bedingungen wie bei der Hauptuntersuchung für meine Umfrage nicht an. (303) Wesentlicher Grund dafür: die anzunehmende geringe Zahl von Kindern, die das Internet nutzen, verbunden mit den eingeschränkten Möglichkeiten für die Verbreitung eines entsprechenden Teilnahmeaufrufs. Um ausreichend Antworten von Kindern aus allen Altersklassen zu bekommen, wäre schon für den Pretest ein erheblicher "Werbeaufwand" erforderlich gewesen. Ich hätte Mitteilungen verschicken müssen an mehrere Mailinglisten, Newsgroups sowie ausgewählte Schulen. Die Zahl der Newsgroups und Mailinglisten, die sich einerseits an Kinder direkt, andererseits an Betreuer von Kindern in der angesprochenen Altersgruppe richten (vor allem Grundschullehrer), ist jedoch verhältnismäßig gering. Also hätte sich ein späterer Teilnahmeaufruf für die Hauptuntersuchung an gleicher Stelle nicht vermeiden lassen. Damit aber wären vermutlich dieselben Respondenten erreicht worden wie in der Voruntersuchung.

Bei solch einer Vorgehensweise wäre es ferner kaum möglich gewesen, aus den Beteiligungsquoten in den unterschiedlichen Altersklassen Schlüsse zu ziehen für die Gestaltung des Fragebogens. Angenommen, nur sehr wenige oder gar keine Kinder unter zehn Jahren hätten sich an der Voruntersuchung beteiligt. Hätte das dann geheißen, daß es generell wenige Online-Kids in dieser Altersklasse gibt? Oder wäre vielmehr davon auszugehen gewesen, daß der Fragebogen dem Medienverhalten dieser Altersgruppe unangemessen konzipiert worden ist und aus diesem Grund die Kinder nicht erreicht hat?

Um mir einen Überblick zu verschaffen, ob der Fragebogen in allen Einzelheiten verstanden wird und ob die Kinder mit der neuartigen Befragungssituation klarkommen, hielt ich es für angemessener, einige Probanden beim testweisen Ausfüllen zu beobachten. Anhand ihrer Reaktionen und eventuellen Nachfragen, so die Prämisse, ließe sich am ehesten eruieren, wie der Fragebogen zu optimieren wäre. Außerdem galt es, herauszufinden, inwieweit sich die Kinder überhaupt darüber im klaren sind, daß sie mit dem Computer interagieren müssen, um die gestellten Fragen zu beantworten. Ein weiterer Vorteil dieser Vorgehensweise hinsichtlich der Validität des Instrumentes: Durch mündliche Kommentare der Kinder während der Voruntersuchung und ggf. gezielte Nachfragen ließ sich herausfinden, ob die Antworten der Kinder mit ihrem tatsächlichen Online-Nutzungsverhalten übereinstimmten.

Ich habe bei der Auswahl von Testpersonen für die Voruntersuchung darauf verzichtet, die gesamte Altersspanne der 6- bis 13jährigen abzudecken und mich vielmehr auf Kinder der Grundschulklassen drei und vier beschränkt. Würde der Fragebogen von diesen Kindern in allen Einzelheiten verstanden, so meine Annahme, könne davon ausgegangen werden, daß die Methode, die Formulierung der Fragen und die gestalterische Aufbereitung auch dem kognitiven Entwicklungsstand älterer Kinder angemessen ist. Kinder unter acht Jahren habe ich - mit einer Ausnahme - nicht in die Voruntersuchung einbezogen. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, gehören zwar auch diese jüngeren Kinder zum Adressatenkreis der Umfrage. Es ist jedoch davon auszugehen, daß sie aufgrund ihrer mangelnden Lesekenntnisse ohnehin nur mit Unterstützung eines Erwachsenen der Beantwortung der Fragen gewachsen sein würden. (304) Das Resultat des Versuchs, das einzige siebenjährige Kind der Testgruppe den Fragebogen ausfüllen zu lassen, bestätigte mich in dieser Annahme: Zwar konnte der Junge, nachdem ich ihm die Fragen vorgelesen hatte, anhand der Grafiken die Antwortalternativen, die seinem Online-Verhalten entsprachen, zumindest teilweise identifizieren und per Mausklick auswählen. Ohne diese Unterstützung jedoch hätte er keine der Fragen beantworten können.



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zurück (303) Vgl. zur Konzeptionierung und Durchführung von Pretests die allgemeinen Ausführungen bei Friedrichs, Jürgen: Methoden empirischer Sozialforschung. 14. Aufl. Opladen 1990, S.153ff. sowie Atteslander, Peter u.a., a.a.O., S.339ff.

 

zurück (304) Vgl. die Diskussion in Kapitel 2.2.1.

© Tobias Gehle, 1998

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