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Die Idee kam Matthias Wegener im Frühjahr 1996: Lilipuz brauchte eine Homepage im World Wide Web. Wegener, zu dieser Zeit als Redakteur zuständig für Berichte und Reportagen zu Medienthemen am Lilipuz-Freitag, beauftragte mich als freien Mitarbeiter mit der Entwicklung eines Konzeptes. Als die vier Standbeine des Angebotes gab er vor:
Was versprach sich Matthias Wegener, heute Leiter der Lilipuz-Redaktion, von diesem Engagement im Internet? Warum sollte Lilipuz online gehen? "Weil die Redaktion und ich davon überzeugt waren, daß das Internet ein ganz wichtiges Medium der Zukunft wird, mit dem wir unser Publikum direkt erreichen können, über das unser Publikum auch wieder Kontakt direkt mit uns aufnehmen kann. Das Internet bietet als programmbegleitendes Medium für unsere Arbeit eine große Chance, nämlich auch Informationen unterzubringen, die wir im Radio so nicht verbreiten können." (377) Das Angebot sollte sich explizit an die Lilipuz-Zielgruppe richten, an Kinder im Grundschulalter und etwas darüber hinaus.
Lilipuz Online war von Beginn an in erster Linie gedacht als zusätzliches Instrument
des Redaktionsmarketings, weniger als eigenständiges Medium mit Interaktionsmöglichkeiten,
Foren und Mitmachaktionen, die sich von der eigentlichen Programmarbeit entfernen.
Daran hat sich bis heute nichts geändert, auch wenn die Homepage in den zwei
Jahren nach ihrer Entstehung durch einige inhaltliche Facetten bereichert wurde. (378)
Das Konzept des Informationsangebotes von Lilipuz im Internet unterscheidet sich
damit deutlich von dem Ansatz, den beispielsweise der Südwestrundfunk mit seinem
Kindernetz gewählt hat. Dort ist ein Tummelplatz für Kinder entstanden,
eine freizeitorientierte Kommunikationsplattform, wo Informationen über die
Fernsehproduktionen des SWR nur ein inhaltliches Standbein von vielen darstellen.
Der Südwestrundfunk erreicht so eine breite Masse von Kindern, die nicht zwangsläufig
auch zum Publikum der SWR-Rundfunkproduktionen gehören. (379)
Lilipuz hingegen spricht in erster Linie Kinder an, die auch das Radioprogramm kennen, bietet ihnen Zusatzinformationen und Hintergründe über den Redaktionsalltag. "Wir wollen das Internet aber schon als eigenständiges Medium stärker nutzen. Das stößt ein bißchen an die Grenzen unserer personellen Kapazität, es gibt auch noch ein paar juristische Probleme und auch ein paar organisatorische: Wer ist dafür eigentlich verantwortlich und wie bindet man das ein in das Gesamtangebot? Aber ich glaube schon, daß man sich im Laufe der nächsten Jahre wegbewegen kann von der reinen Präsentationsebene hin zu einem eigenständigen interaktiven Medium. Das wird aber sicherlich davon abhängen, wie sich das Internet insgesamt weiterentwickelt, und auch der Zugang der Kinder zum Internet. Wir tappen da noch ein bißchen im Dunkeln. Noch ist das sicherlich nicht die große Masse, die da jeden Tag unser Angebot nachfragt, aber inzwischen ist - glaube ich - der Punkt erreicht, wo man sich schon ernsthaft Gedanken machen muß, wenn man nicht auftaucht im Internet. Und wenn man drin ist, dann würde unser Publikum - also die Kinder - es uns sicher übelnehmen, wenn wir da so einen billigen Auftritt hinlegen würden. Ich glaube, dann wird erwartet, daß man auch mehr anbietet als so ein paar Bleiwüsten, in denen irgendwelche Manuskripte abgedruckt werden." (380)
Die dünne Personaldecke ist in der Tat der Hauptgrund dafür, daß Lilipuz Online momentan kaum mehr sein kann als eine etwas ambitioniertere elektronische Programmbroschüre. Wie alle anderen Redaktionen der Welle Radio 5 haben die Kölner Kinderfunker keinen eigenen, hauptamtlichen Internet-Beauftragten. Im wöchentlichen Turnus wechseln sich die Redakteurinnen und Redakteure mit der Zuständigkeit für den Internet-Auftritt ab. Aktuelle Informationen stammen in der Regel aus Pressetexten, geschrieben von den Redakteuren. Zwei freie Mitarbeiter ergänzen diese nach Rücksprache mit den jeweils zuständigen Redakteuren, schreiben sie um, bereiten sie Internet-gerecht auf und legen sie dann zur Endabnahme dem Redakteur vom Dienst vor. Seiten zu Lilipuz-Sonderaktionen und Erweiterungen des Angebotes entstehen auf ähnlichem Wege.
Ohnehin sieht die Unternehmenspolitik des WDR keine Verselbständigung der Online-Aktivitäten vor. Die Pflege des Internet-Angebots einzelner Sendungen wird von den Redaktionen als zusätzliche Arbeit geleistet, extra Stellen sind dafür nicht vorgesehen. Und so bleiben - insbesondere bei Radio 5 - die Ambitionen in bescheidenem Rahmen, wie Klaus-Dieter Oetzel erläutert, der Internet-Beauftragte von WDR Radio 5: "Unser Angebot ist eine größere und vor allen Dingen von uns selbst gemachte und verantwortete Programmzeitschrift. Und das ist für uns als Hörfunkprogramm besonders wichtig, weil in den Programmzeitschriften der Hörfunk eine immer geringere Rolle spielt." (381)
Interaktive Neuerungen, wie Chats mit den Moderatoren, Meinungsforen und Kinder-Homepages, die der Online-Präsenz zu einem eigenständigen Profil verhelfen könnten, befürwortet die Lilipuz-Redaktion zwar ausdrücklich. (382) Derlei journalistischer und kommunikativer Mehrwert erfordert jedoch einen erheblichen Arbeitsaufwand.
Klaus-Dieter Oetzel hierzu: "Je interaktiver ein Medium genutzt wird, desto arbeitsintensiver ist es natürlich. Auf der Ebene www.wdr.de gibt es ja schon Foren, es gibt auch Chats. Aber die Chats, die da gemacht worden sind, die haben natürlich auch gezeigt, wie unglaublich arbeitsintensiv das ist. Und für Radio 5 würde ich im Augenblick diese Möglichkeit gar nicht sehen. Denn wenn man ein schwarzes Brett aufmacht, wo Leute ihre Nachrichten posten können, dann muß das natürlich moderiert werden. Da kommt dann wieder unsere publizistische Verantwortung ins Spiel." (383)
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(377)
Gespräch mit Matthias Wegener am 16.6.1998
(378)
Vgl. Kapitel 3.3.5.
(379)
Vgl. Kapitel 1.4.
(380)
Gespräch mit Matthias Wegener am 16.6.1998
(381)
Gespräch mit Klaus-Dieter Oetzel am 22.6.1998.
Siehe dort auch detaillierte Informationen zur organisatorischen Einbindung
der Internet-Aktivitäten in die Programmgestaltung und zur Rolle und Funktion
des Online Service Centers (OSC).
(382)
Vgl. dazu Kapitel 3.3.3.1.
(383)
Gespräch mit Klaus-Dieter Oetzel am 22.6.1998
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